Shakespeares sämtliche Werke – leicht gekürzt

Premiere:  21.10.2016 - Young Boulevard, Forum Bad Bentheim

 
Grafschafter Nachrichten am 24.10.2016.

Young Boulevard zeigt Shakespeare mal ganz anders

Tempogeladen, wortgewaltig, actionreich und slapstickartig ironisiert präsentierten drei Darsteller des Theaterensembles „Young Boulevard“ die Werke von William Shakespeare einmal ganz anders.

Nicht die knochentrockene Rezitation seines umfangreichen Werkes, sondern die Straffung und Raffung des Oeuvres eines Dichters, Dramatikers und Schauspielers, der vor 400 Jahren in seinem Geburtsort Stratford-upon-Avon starb, brachte Young Boulevard auf die Bühne.

In der Premiere des Theaterstücks „Shakespeares sämtliche Werke – leicht gekürzt“ im Forum des Burg-Gymnasiums in Bad Bentheim wurde sein Werk durch den Regisseur Klemens Hergemöller auf zwei Stunden verdichtet. Die Besucher wurden in einer Mischung aus Lachen und Gruseln gefühlsmäßig mächtig strapaziert. Doch das Lachen überwog!

Julian C. Krentscher, Florian M. Pletz und Nils S.P. Winkelmann traten unter ihren Vornamen in ganz verschiedenen Rollen aus Shakespeares Stücken auf.

Eine Art Big-Ben-Läuten leitete das Stück ein. Julian mimte den Moderator, während Florian als Shakespeare-Kenner vorgestellt wurde. Nils versuchte sich an den Lebensdaten von Shakespeare und rutschte ab in die Biografie von Adolf Hitler, der erste Lapsus der bewussten Verknüpfung zum 21. Jahrhundert.

In „Romeo und Julia“ war Florian der Vorleser. Nils trat als Julia und Julian als Romeo auf. Im 5. Akt starb erst Julia, die sich vorher im Schoss einer Besucherin zum Schein und äußerst theatralisch übergab, dann Romeo.

Mord, Vergewaltigung und Verstümmelung

Um Mord, Vergewaltigung und Verstümmelung ging es in der Tragödie „Titus Andronicus“. Mit blutiger Schürze, dem Hackebeil und blutig verbundenen Armen, als wenn die Hände bereits abgehackt worden seien, erschienen die drei Akteure. Aus dem Blutbad der Antike wurde eine herrlich komische, gruselig verdrehte und preisverdächtige Szenerie.

Die neuzeitliche Verknüpfung mit einem Fernsehkoch in einem Studio des Fernsehens war auch ein Grund mit, weswegen die Zuschauer aus dem Lachen nicht mehr heraus kamen. „Othello“ wurde zum Rap-Gesang umgemünzt. „Macbeth“ wurde in einer witzigen Mundart-Mischung aus Sächsisch und Bayerisch präsentiert. In „Antonius und Cleopatra“ tauchte Julian als nuschelnder Udo Lindenberg auf. Auch diese Verknüpfung löste eine weitere Lachsalve im Publikum aus.

Hamlet fehlt noch“

„36 Stücke sind geschafft. Eins fehlt noch: Hamlet“, verkündete Florian und erntete absolute Verzweiflung bei Nils, der aus dem Saal flüchtete. Hamlet war in der zweiten Spielhälfte der Anlass, das Publikum interaktiv einzubeziehen. Auch hier erwies sich Nils als komischer weiblicher Paradiesvogel, Julian als Geist oder Hexe und Florian als großer Dramatiker, an dem Shakespeare gewiss seine Freude gehabt hätte. Das Publikum war absolut begeistert.

Elvira Meisel-Kemper